Gentechnik im Land Brandenburg - Fachinformationen des Landesamtes ( LAVG)
Gentechnische Anlagen
Im Land Brandenburg werden aktuell über 80 gentechnische Anlagen durch öffentliche und private Einrichtungen betrieben. Viele dieser Anlagen sind in den drei Biotechnologiezentren Hennigsdorf, Luckenwalde und Potsdam-Hermannswerder, im Wissenschaftspark Potsdam-Golm mit mehreren Max-Planck-Instituten und dem naturwissenschaftlichen Campus der Universität Potsdam, in Senftenberg an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und in Nuthetal (Bergholz-Rehbrücke) am Deutschen Institut für Ernährungsforschung konzentriert. Die meisten Anlagen sind der Sicherheitsstufe 1 zugeordnet. Alle gentechnischen Anlagen werden durch das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) regelmäßig kontrolliert. Weitere Informationen erhalten Sie im Internetangebot des Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz (MSGIV).
Die Bearbeitung von Anzeigen, Anmeldungen oder Genehmigungsanträgen zu gentechnischen Anlagen erfolgt beim LAVG. Hinweise dazu entnehmen Sie bitte unserer Serviceseite.
Experimentelle Freisetzungen
Im Land Brandenburg wurden bisher ausschließlich gentechnisch veränderte Pflanzen auf eng begrenzten Versuchsflächen durch Unternehmen und öffentliche Forschungseinrichtungen freigesetzt. Dabei standen die Kulturpflanzen Raps (siehe Bild oben), Mais, Zuckerrübe und Kartoffel im Vordergrund. Die gentechnischen Veränderungen betrafen überwiegend die Resistenz gegen Herbizide und Insekten bzw. Veränderungen im Stoffwechsel bei Kartoffeln.
Die Versuche werden durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin genehmigt und durch das LAVG auf die Einhaltung der gentechnikrechtlichen Bestimmungen und des Genehmigungsbescheides überwacht. Nach Beendigung eines Freisetzungsversuches unterliegen die Flächen einer Nachkontrolle, bevor sie in die übliche – vielfach landwirtschaftliche – Nutzung zurückgeführt werden können.
Zur Begleitung solcher Freisetzungsvorhaben hinsichtlich Fragen der Biologischen Sicherheit wurden durch das Land Brandenburg mehrere Untersuchungen initiiert und durch das LAVG fachlich begleitet. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen stehen allen interessierten Bürgern zur Verfügung.
Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Produkte
Das Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen oder deren Produkte ist nach dem Gentechnikgesetz und nach produktspezifischen Europäischen Richtlinien genehmigungspflichtig. Um im Fall der Verarbeitung zu Lebensmitteln die Wahlfreiheit der Verbraucher zu ermöglichen, sehen entsprechende EU-Verordnungen eine Kennzeichnungspflicht beim Überschreiten bestimmter Schwellenwerte des GVO-Anteils im Nahrungsmittel vor. Die Kennzeichnungspflicht gilt selbst dann, wenn im Lebensmittel der verarbeitete GVO selbst nicht mehr nachweisbar ist. Das setzt die Umsetzung eines sorgfältigen Systems der Dokumentation aller Verarbeitungsschritte voraus. Untersuchungen zur Einhaltung dieser Vorschriften in Lebens- und Futtermitteln werden im gemeinsamen Landeslabor der Länder Brandenburg und Berlin durchgeführt.
Da für nicht in der EU genehmigte gentechnische Veränderungen eine Nulltoleranz gilt, kam es im Bereich der Lebensmittel in der Vergangenheit zu Rückrufaktionen und Handelsbeschränkungen z. B. bei Reis.
Im Fall des Inverkehrbringens von Saatgut von gentechnisch veränderten Pflanzen sind neben der Genehmigung nach dem Gentechnikrecht auch die Sortenzulassung und die Vertriebsgenehmigung nach dem Saatgutverkehrsrecht notwendig. EU-weit war der freie Handel mit gentechnisch verändertem Saatgut bis zum Herbst 2004 nicht möglich, sondern allenfalls für einen beschränkten Versuchsanbau. Im September 2004 wurden jedoch erstmals 17 gentechnisch veränderte Maissorten in den Gemeinschaftlichen Sortenkatalog eingetragen und damit zum Verkehr zugelassen. Für das Anbaujahr 2008 standen in der Bundesrepublik Deutschland fünf durch das Bundessortenamt zugelassene Sorten mit gentechnisch erzeugter Toleranz gegenüber dem Maiszünsler zur Verfügung. Europaweit sind ca. 200 Sorten der 1998 für das Inverkehrbringen als Saatgut genehmigten gentechnisch veränderten Maislinie MON810 mit Zünslertoleranz registriert und somit frei handelbar. Schon seit längerem gibt es in der EU Bestrebungen, für Saatgut Schwellenwerte bezüglich der möglichen Beimengung von in der EU zur Aussaat genehmigten gentechnisch veränderten Linien festzulegen, ab denen eine Kennzeichnung erforderlich ist. Eine Einigung wurde bisher noch nicht erzielt. Die beabsichtigten Kennzeichnungen berücksichtigen, dass die Saatgutproduktion in der Natur stattfindet, in der Wechselbeziehungen zwischen Organismen in Form von z. B. Kreuzbestäubungen vorkommen können.
Weitere Quellen des unbeabsichtigten Eintrags sind Vermischungen bei der Ernte oder bei der Aufarbeitung des Saatguts. Diese Vorgänge wurden auch bisher im Zulassungswesen von Saatgut berücksichtigt, in dem ein bestimmter Fremdbesatz mit anderen Sorten oder Samen toleriert wird.
Durch das LAVG werden jedes Jahr Stichproben u. a. von Raps- und Mais-Saatgut auf das Vorhandensein von gentechnisch veränderten Bestandteilen geprüft. Die Untersuchungen auch anderer Bundesländer haben dazu geführt, dass vereinzelt festgestellte geringe Beimengungen mit gentechnisch veränderten Anteilen im gehandelten Saatgut weiter zurück gegangen sind. Dennoch kam es auch bei den in der Regel geringen Beimengungen in der Vergangenheit zu mehreren behördlich veranlassten oder freiwilligen Rückrufaktionen.
Entsprechend der Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union werden Genehmigungen für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen auf zunächst 10 Jahre zeitlich befristet. Im Fall eines Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen hat der Antragstellende zudem einen detaillierten Beobachtungsplan aufzustellen, um auch mögliche unvorhergesehene Effekte in der Umwelt erfassen zu können. Im Land Brandenburg wurde dazu in einem durch das Land und das Umweltbundesamt finanzierten Pilotprojekt die Eignung verschiedener Parameter zur Erfassung solcher Effekte bei Kartoffelpflanzen untersucht.
Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Gentechnikrechts vom 21. Dezember 2004 zur Umsetzung der Bestimmungen der Freisetzungsrichtlinie der EU ist eine weitere Zweckbestimmung eingeführt worden: die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Produkte, insbesondere Lebens- und Futtermittel, konventionell, ökologisch oder unter Einsatz gentechnisch veränderter Organismen erzeugt und in den Verkehr gebracht werden können. Um die Koexistenz der genannten alternativen Bewirtschaftungsformen zu gewährleisten, wurden Regeln zur guten fachlichen Praxis beim Anbau und zu Haftungsansprüchen bei Nutzungsbeeinträchtigungen in das Gesetz aufgenommen. Eine Präzisierung der Regeln zur guten fachlichen Praxis, zu Mitteilungspflichten und zur Anbaubeobachtung erfolgte durch die Novellierung des Gentechnikgesetzes in 2008. Danach sind bestimmte betriebliche Sorgfaltspflichten zu befolgen und z. B. beim Anbau von gentechnisch verändertem Mais Mindestabstände von 150 Meter zu konventionellen und von 300 Meter zu ökologisch bewirtschafteten Flächen einzuhalten.
Im Land Brandenburg wurden ab dem Jahr 2005 bis 2008 auf einer Anbaufläche von ca. 1.300 Hektar gentechnisch veränderte Maispflanzen der Linie MON810 mit einer Toleranz gegen den Maiszünsler vorwiegend in den Landkreisen Oberhavel und Märkisch-Oderland angebaut. Im April 2009 wurde auf Anweisung durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein Anbauverbot für den gentechnisch veränderten Mais MON810 mit Bezug auf eine Schutzklausel nach Paragraf 20 Absatz 2 Gentechnikgesetz und Artikel 23 der Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG verhängt. In einer gemeinsamen Erklärung protestierten zehn Wissenschaftsorgansiationen Deutschlands gegen die Entscheidung. Die Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit stellte in einer Stellungnahme vom Juli 2009 zur Risikobewertung von MON810 fest, dass vom Anbau von MON810 keine schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen.